FREITAG: Die Geduld

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Mir als im Sternzeichen des Stier Geborene wird ja nach gesagt, dass ich über eine gehörige Portion Geduld verfüge. Manchmal sogar zu viel Geduld, so im Vergleich zum gesellschaftlichen Durchschnitt. Und auch heute übe ich mich darin: Ich warte auf einen Anruf.

Draußen scheint seit langem wieder die Sonne, und meine Füße treten unter dem Schreibtisch vor sich hin, wenn sie schon nicht ins Freie kommen. Ich warte nämlich auf einen Anruf, weil dieser Anruf einer Freundin von mir zu ziemlich viel Geld verhelfen könnte. Leider bin ich vertraglich dahin gehend gebunden, dass ich mich nicht breiter darüber auslassen darf, aber vielleicht können Sie es sich ja denken. Schließlich braucht jeder von uns einmal eine Glücksfee.
Und während ich darauf achte, dass meine Akkus meines Telefons aufgeladen ist und mich still beschäftige, wünsche ich meiner Freundin bei ihrem Reichtumsplan alles Glück dieser Welt. Und mir, dass sie mich dabei nicht braucht. Denn ehrlicherweise weiß ich nämlich so gut wie jeder reflektierte Mensch: Man kann heutzutage einfach nicht alle Informationen speichern, sondern nur hoffen, dass das Richtige im richtigen Moment hängen geblieben ist. Mein Vater ist aus diesem Grund sogar in Pension gegangen, weil er sich bewusst wurde, dass sich die Medizin so rasant entwickelt, dass man gar nicht mehr Schritt halten kann. Und gerade in einer Domäne, wo es um Leben oder Tod gehen kann, ist der Entschluss, aus diesem Rennen auszusteigen, ein kluger. Jetzt geht es bei meiner Freundin glücklicherweise nicht um „Dead or alive“, sondern um ein besseres Leben mit mehr Möglichkeiten. Nicht primär für sie allein, sondern für das große Ganze, das ihr Dasein ausmacht.
Sie wartet auch schon lange, und bei ihr steht die Geduld nicht wirklich in den Sternen. Das Streben, ihr Leben so zu führen, wie sie es sich vorstellt schon, und das ist ja für jeden nachvollziehbar. Wie das gelingen könnte – darin ist sie ziemlich einfallsreich, weshalb sie jetzt eben auf etwas unkonventionelle Art und Weise ihr Glück versucht. Toi, toi, toi! Meine Aktivität findet auf einer anderen Ebene statt. Nicht, dass ich nicht auch meine Pläne hätte! Die Liste, die ich aus Kapstadt mitgebracht habe, umfasst 20 private und berufliche Punkte, die der Umsetzung harren. Und schon allein durch die Anzahl der Vorhaben muss ich auch hier wieder warten, denn nur weil ich jetzt will, bedeutet das nicht, dass die anderen auch wollen. Geschenkt! Deshalb versuche ich nun, die To-Do-Liste intuitiv abzuarbeiten. Das bedeutet, dass ich meine Achtsamkeit schärfe und darauf achte, welche passenden Verbindungsknoten sich vor meinen Augen lösen. Das funktioniert nach dem Motto „Die Energie folgt der Aufmerksamkeit.“ Ein kleines Beispiel: Auf meiner Liste steht zum Beispiel, dass ich meine Fotos gerne anders streuen möchte als auf Instagram. Und so finde ich mich kürzlich in einem Gespräch mit einem Mann wieder, der Kalender und Postkarten verlegt. Ich würde auch gerne wieder mehr Schreibseminare halten, und während ich einen Freund treffe und mich mit ihm über Gott und die Welt unterhalte, erzählt er mir von einem Netzwerk, in das ich damit gut passen würde. Voilá!
Diese Herangehensweise macht mein Leben gerade sehr spannend, weil ich jeden Morgen diese Liste durchlese und mich auf die überraschenden Entdeckungen des Tages freue. Die schönste heute wäre, wenn es meine Freundin ohne mich zum Reichtum bringen würde; die zweitschönste, wenn ich diesen Anruf bekomme und genau die gewünschte Information parat hätte. Wir werden sehen!

 

Über die Autorin

Claudia Dabringer

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