“Horizont noch lange nicht ausgereizt“

Woher mit Voll50 Kraft und Inspiration kommt, weiß Birgit Klackl-Salletmaier inzwischen. Und doch gibt es noch vieles, was den Horizont dehnen soll.

VOLL50: Woher nimmt frau mit Voll50 Kraft?

BIRGIT KLACKL-SALLETMAIER: Für die Kraft, die ich brauche, habe ich mehrere Quellen, aus denen ich schöpfe. Zum einen ist da die Kernfamilie, also mein Partner und die beiden halbwüchsigen Jungs. Das Wissen, dass wir als Familie einander immer unterstützen und da füreinander sind, verleiht Kraft. Auch die erweiterte Familie und eine Handvoll Freundinnen gehört zu dieser Kraftquelle.

Dann ist bei mir der Sport eine sehr wichtige Kraftquelle: Der stärkt natürlich den Körper, macht aber auch den Kopf frei und schärft mein Denken. Nach dem Laufen beispielsweise bin ich entspannt und fühle mich dann oft erst imstande, unangenehme Aufgaben – die an den Kräften zehren – anzupacken.

Und als ich noch in meinen 30ern war, bekam ich von einer klugen 50erin einen Sinnspruch mit auf den Weg: „In der Ruhe liegt die Kraft.“ Dieses Mantra hilft oft, besonders im Umgang mit meinen zwei Pubertieren: Einmal durchschnaufen, konzentrieren und dann erst reagieren.

VOLL50: Wächst die eigene Natur mit der umgebenden zusammen?

BIRGIT KLACKL-SALLETMAIER: Selbstverständlich wächst die eigene Natur mit der umgebenden zusammen. Kein Mensch ist eine Insel, und jede von uns lebt im Zusammenspiel mit anderen und ist ein Produkt ihrer Beziehungen. Daher finde ich es wichtig, mir genau anzusehen, womit ich mich umgebe. Ist das Denken und Handeln der Personen, die ich um mich habe, positiv und im besten Fall für beide Seiten befruchtend? Ich versuche mich von Menschen fern zu halten, die so eine grundsätzliche Schwere und Ernsthaftigkeit im Leben haben. Da ich merke, dass das rasch auf mich abfärben würde.

VOLL50: Ist mit Voll50 der Horizont schon ausgereizt?

BIRGIT KLACKL-SALLETMAIER: Das hoffe ich doch nicht! Also mein persönlicher Horizont ist mit über 50 sicherlich nicht ausgereizt. Da sind einmal meine beiden Teenager, durch die ich mit Neuem konfrontiert bin: Wie nehmen sie die Welt wahr? Was erleben sie wie? Wie kann ich an ihrem Leben teilhaben und ihren Blickwinkel einnehmen? Da ist vieles dabei, was meine Sicht verändert.

Ich versuche täglich, meinen Horizont zu erweitern und hadere doch damit,  oft aus Zeitgründen nicht alles wissen und lernen zu können, was mich interessiert. Es gäbe so viele Bücher, die zu lesen sind. Und viele Gegenden und Länder, die ich sehen möchte. Aber auch wenn ich mit offenen Augen und Ohren durch die Welt gehe, erweitert sich mein Horizont: Ich habe in den letzten Monaten unsere Stadt Salzburg aus ganz anderen Blickwinkeln wahrgenommen. Ganz einfach, weil ich mir mehr Zeit zum Sehen genommen habe.

VOLL50: Welche Rolle spielt Verzeihen in deinem Leben?

BIRGIT KLACKL-SALLETMAIER: Ich bin ja eher ein vergesslicher Mensch. Und da ich wegen meines schlechten Gedächtnisses nicht nachtragend bin, fällt es mir leicht, zu verzeihen. Auch mir selbst. Etwas zu verzeihen empfinde ich auch als Vergangenheitsakt: Das zu Verzeihende ist schon passiert. Aber um zu verzeihen, muss ich mich wieder in die Vergangenheit wenden. Und das passt nicht zu mir, weil ich eher auf die Gegenwart und Zukunft schaue. Verzeihen ist also kein großer Aufwand für mich, weil es eh der Zwilling von Vergessen ist.

VOLL50: Wovor möchtest du mit Voll50 noch davonlaufen?

BIRGIT KLACKL-SALLETMAIER: Manchmal möchte ich gern vor Dummheit und Ignoranz sprichwörtlich davonlaufen. Der Wunsch wird mit dem Alter stärker, und ich denke immer noch drüber nach, ob das Intoleranz meinerseits ist.

Aber mehrmals pro Woche schlüpfe ich tatsächlich in die Laufschuhe und laufe davon: vor dem Alltag, der mir zu langweilig erscheint; vor den Pubertieren, die mir zu fordernd erscheinen; vor Menschen, die zu viel meiner Zeit beanspruchen; vor den Medien und den Negativschlagzeilen; vor mir selber, weil ich zu anspruchsvoll bin; vor Tätigkeiten, die ich nicht tun möchte. Die Liste ist beliebig erweiterbar. Wenn ich von meiner Runde des Kopfauslüftens zurück bin, weiß ich jedenfalls, dass im Davonlaufen meist die Lösung steckt: Das Lösung des Problems ist mir eingefallen, der negative Gedanke vergessen, die fordernden Pubertiere plötzlich lieb und nett und die ungeliebte Tätigkeit in fünf Minuten erledigt.

www.wollmilchfisch.at

Über die Autorin

Claudia Dabringer

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