FREITAG: Sie machen das schon!

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Nicht, dass ich es drauf anlegen würde, aber ich weiß genau, wie ich meinen Vater am Sonntag auf die Palme bringen kann. Dabei finde ich, dass es nur fair ist, nach dem Mutter- auch einen Vatertag zu feiern.

Sowohl der Valentins- als auch der Vatertag verursachen bei meinem Erzeuger im besten Fall gelindes Kopfschütteln. Ersteres vermutlich deshalb, weil er meiner Mutter eh das ganze Jahr über Blumen schenkt und die Geschäftemacherei eklig findet. Doch was er gegen den Vatertag hat, erschließt sich mir bislang nicht. Denn soooo viel Geld kommt dabei jetzt nicht wirklich rum.

1955 wurde der Vatertag eingeführt, und ich sehe, wie ein 17jähriger Schüler anderes im Kopf hat, als meinen Großvater zu beglückwünschen. Aber vielleicht tue ich ihm Unrecht, und er hat tatsächlich eine Karte geschrieben. Von Whatsapp war man damals ja Welten entfernt, und das war und ist ja nicht immer das Schlechteste. Als er selbst Vater wurde, haben wir das schon begangen, allerdings verlässt mich mein Erinnerungsvermögen, wenn ich darüber nachdenke, ob er sich damals schon gewehrt hat. Oder es war mir egal, weil es mir wichtiger war, meiner Liebe Ausdruck zu verleihen.

Und das ist bis zum heutigen Tag so geblieben – wie beim Muttertag auch. Nicht, dass ich meinen Eltern sonst zu wenig Aufmerksamkeit angedeihen lassen würde, im Gegenteil. Ich fühle mich ihnen sehr nahe, auch wenn ich das für ihre Verhältnisse manchmal etwas verquer zeige. Meine Mutter wehrt sich gegen den zweiten Maisonntag im Jahr nicht, ihr Mann gegen den zweiten Juni-Sonntag schon. Und auch wenn ich in meiner verqueren Art und Weise beide Tage nicht mit ihnen verbringe, denke ich trotzdem an ihre Errungenschaften als Begleiter ins Leben. Die Beobachtungsgabe meiner Mutter, gepaart mit einem fundamentalen Gespür für Schönheit und überbordender Fürsorge einerseits und die Anleitung zum Analysieren und Probleme lösen, zusammen mit Genussfähigkeit und Neugierde andererseits – geht’s besser? Kaum.

Beides möchte ich würdigen (dürfen). Und um nichts anderes geht es meiner Ansicht nach, wenn man schon Tage wie diese ausruft. Dass davon andere monetär profitieren, kommt vielleicht daher, weil wir heutzutage unsere Zuneigung vielfach in Form von Geschenken ausdrücken. Dabei ist in einer Welt des Konsums gerade Zeit das wertvollste Gut, auch und vor allem dann, wenn Vater und Mutter im fortgeschrittenen Alter sind. Natürlich ist es bequemer, einen Blumenstrauß zu schicken, wahlweise eine Bohrmaschine, statt sich damit zu konfrontieren, dass sich auch die Eltern verändern. Was wiederum eine Auseinandersetzung mit dem Kinder-Ich erfordert, das sich nur schlecht damit abfinden kann. Ich arbeite mich superleidenschaftlich daran ab, wenn auch nicht gerne. Und komme doch immer wieder an den Punkt, wo ich mich am Zügel reiße und mir denke: „Sie machen das schon!“

Und so ist Vater- und Muttertag für mich auch ein Erinnerungstag. Nicht nur an alles, was meine Eltern für mich getan haben, um mir dieses Leben zu ermöglichen. Sondern auch für mich, um mir immer wieder vor Augen zu halten, dass jede/r das Recht auf die Entwicklung hat, die ihm sinnvoll erscheint. Ob mir das gefällt oder nicht, ist sekundär. Und wer weiß, wie ich mein Leben sehe, wenn ich mit einer meiner ältesten Freundinnen in der Senioren-WG sitze und wir noch nicht einmal mehr die Gesprächsthemen-Liste lesen können, die wir vor Jahrzehnten angelegt haben. Vielleicht schauen wir uns die Läuse auf den Geranien an und finden das ganz wunderbar. Weil sich im Kleinen ja immer auch das Große spiegelt. Und das lerne ich gerade auch von meinen Eltern. Manche Dinge werden mit der Zeit einfach nebensächlich. Fast freue ich mich darauf.

Über die Autorin

Claudia Dabringer

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